Klar, ein Brain Booster kann einem die Arbeit manchmal erleichtern, aber seid doch mal ehrlich, Kaffee verkommt hier zu einem reinen Zweckgetränk. Und das wird dem Genussmittel doch gar nicht gerecht.
Ein Grund, der als Antwort auf die Zucker-im-Kaffee-Frage wesentlich häufiger genannt wird, ist die Bitterkeit. Dam dam daaaaaam. Wer hätte es gedacht?! Viele Sweethearts nehmen Zucker, weil sie es gewohnt sind. Ihr Kaffee ist oft bitter und da wird halt gezuckert.
Im Laufe der Zeit hat es sich eben etabliert, den Kaffee mit Zucker (und Milch) ein bisschen aufzuhübschen. Das liegt daran, dass die Qualität von früheren Kaffees nicht so gut war und die Bohnen deswegen stark geröstet wurden. Somit schmeckten sie stets bitter und da musste nun mal Zucker her.
Schuld sind also wieder die starken und sehr dunklen Röstungen. Damals wie auch heute. Und wenn man einen guten und „modern“ gerösteten Kaffee nimmt, dann ist das erstmal #Neuland. Also, Zeit für eine Missionierung: Break the autopilot! Aufhören mit dem Zucker. Anfangen mit guten Kaffeebohnen! So einfach ist das.
Wieso muss man denn den Kaffee erst genießbar machen? Das ist doch nicht Sinn und Zweck. Wenn der Kaffee von vornherein lecker ist (wie der von KRÖM ;-)), warum dann noch Zucker oder Milch oder Zucker UND Milch nehmen? Ein gut gerösteter Kaffee kann ganz ohne Zucker süße Aromen aufweisen. Und bei espressobasierten Getränken mit Milch kommt darüber hinaus die natürliche Süße der Milch hinzu. Wollt ihr noch mehr Gründe?
Der… DEEEER Grund schlechthin!
Sicher, für manch einen ist es ein Erlebnis und ein Bestandstest für einen Espresso, den Zucker auf die Crema des Espressos zu streuen und zu sehen, wie lange er sich hält. Aber Zucker hat einen wesentlichen Impact auf das Geschmacksprofil eines Kaffees.
So verlieren fruchtbetonte Kaffees durch die Zugabe von Zucker erheblich an Säure und sind weniger intensiv. Bei ausbalancierten Kaffees kann das Spiel mit dem Zucker zu russisch Roulette werden. Naja, vielleicht nicht ganz so krass… Es ist auf jeden Fall ein Glücksspiel, da es zwar sein könnte, dass ein ausbalancierter Kaffee besser wird. Es kann jedoch ebenso passieren, dass er vieeeeel schlechter schmecken wird. Bittere Kaffees werden durch Zucker hingegen etwas ausgeglichener. Also es ist kein mega krasser Umschwung, dennoch merkbar. Was in jedem Fall passiert, egal bei welchem Kaffee, ist, dass der Kaffee durch den Zucker etwas an Körper gewinnt.
Letztendlich sollte Zucker nicht komplett an den Pranger gestellt und mit Steinen beschmissen werden. Er kann zur Feinjustierung als ein kleines, hilfreiches Tool dienlich sein. Und wenn er euch hilft, euer f(l)avorisiertes Geschmacksprofil zu erreichen, dann halt her mit dem Zucker. Aber nicht übertreiben! Vielleicht probiert ihr vorher noch eine andere flavor weapon gegen die Bitterkeit.
Zucker, nee! Salz, okay.
„Whaaaat?“, denkt sich manch einer, der noch nie Salz im Kaffee hatte und es einfach nicht wahrhaben möchte, dass es wahre Wunder wirken kann. „Kenn ick, alter Hut.“, denken sich andere, die den Trick schon kannten, bevor er cool war. Also: Ja, eine Prise Salz im Kaffee, sei es Filter oder Espresso, kann besser als Zucker sein. Denn obgleich ihr Zucker hinzugebt, die bittere Note des Kaffees bleibt. Es gesellt sich nur die Süße hinzu. Aber Salz ist der taste changer. Durch Salz verfliegt die Bitterkeit und andere wie z.B. süße Aromen werden gepusht. Wow. Amazing!
Ja, dann solltet ihr eben immer Salz statt Zucker in den Kaffee schütten, richtig? Nein! Bitter muss nicht immer böse sein. Bitterkeit muss auch nicht unbedingt durch die Röstung oder eine falsche Zubereitung zustande kommen, es kann einfach Teil der gewollten Aromen sein – wie dunkelschokoladige Aromen, mhhhh yummy. Bitterkeit ist auch immer ein wichtiger Gegenspieler zur Säure. Also setzt Salz bitte mit Bedacht ein, denn es hat die Macht, den Kaffee genießbar zu machen. Aaaaaaber es verändert eben den Kaffee. Und es kann genauso gut passieren, dass ihr das Salz schmeckt, selbst bei kleinen Dosen.
Probiert es doch mal selbst: Nehmt zwei gleiche Epsressi oder Filterkaffee und trinkt den einen mit und den anderen ohne Salz.
Fazit
Zucker ist eigentlich mehr eine Notlösung, wenn ihr bitteren Kaffee vor euch habt. Und ja, es gibt noch Zuckeralternativen, die den Kaffee nochmal etwas anders geschmacklich beeinflussen können. Wie beispielsweise brauner Zucker, einem weiteren Klassiker neben weißen Standardzucker: Dieser fällt durch eine weniger aggressive Süße im Kaffee auf und verbindet sich geschmacklich gut mit der Milch.
Wieder einmal heißt es: Probiert den Kaffee erstmal so, wie er ist, bevor ihr irgendetwas hineingebt. Vor allem wenn es sich um Filterkaffee handelt, denn: Filterkaffee bleibt rein. Keine Milch. Kein Zucker. Böse, böse 😛
PS: Stellt euch vor, wie Specialty Coffee Baristas reagieren würden, wenn ihr einen Karamell-irgendwas-Frappuccino-Cappuccino bestellen würdet. Herrlich.
Einen tollen Beitrag über Zucker und Kaffee findet ihr übrigens in der Crema (Jahrgang 15, Heft 67, 2021, von Dr. Steffen Schwarz).